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Andacht aus dem Gemeindebrief

Luft holen

Gerade Luft, dieses flüchtige Element, ist so entscheidend für mein Leben. Wenn ich genau darauf achte, werde ich alle paar Sekunden daran erinnert: Der Körper braucht das regelmäßige Ein- und Ausatmen. Was zunächst mal selbstverständlich erscheint, bekommt aber schnell eine existentielle Dimension...

Ohne Luft ist alles nichts.

Gerade Luft, dieses flüchtige Element, ist so entscheidend für mein Leben. Wenn ich genau darauf achte, werde ich alle paar Sekunden daran erinnert:

Der Körper braucht das regelmäßige Ein- und Ausatmen. Was zunächst mal selbstverständlich erscheint, bekommt aber schnell eine existentielle Dimension: Wenn ich Menschen begegne, die über Luftnot klagen oder sogar beatmet werden müssen.

Nicht umsonst haucht zu Beginn der Schöpfung Gott höchstpersönlich dem Menschen den Atem ein: Aus dem Staub der Erde und einem göttlichen Lebenshauch wird ein lebendiger Mensch (1. Mose 2,7). Jeder Atemzug erinnert mich daran, dass Gott das Leben liebt.

Gott schenkt uns unseren Atem und wir nutzen ihn vielfältig, kreativ und individuell: Wir schnarchen im Tiefschlaf, singen dem Enkelkind ein Lied vor, flüstern der Freundin ein Geheimnis zu, blasen Luftballons für die Gartenparty auf - nichts davon geht ohne Luft. Und wie wir unseren Atem einsetzen, unsere Lebenszeit gebrauchen, auf diese Weise antworten wir auf Gottes größtes Geschenk - unser eigenes Leben.

Dennoch können sich manche Tage schnell recht atemlos anfühlen: Man hechelt den Terminen hinterher, es bleibt wenig Zeit zum Luftholen und Durchatmen. Aus Plänen, die man zuvor noch motiviert verfolgte, ist schnell die Luft raus.

Es kann helfen, in solchen Momenten die Geschäftigkeit zu unterbrechen, anzuhalten, sich neu zu orientieren: Was nimmt mir die Luft zum Atmen? Wie kann ich wieder zu Atem kommen? Wofür brauche ich einen langen Atem, weil es mir wichtig ist? Um all das möglichst gut durchzuhalten, hilft uns - wie beim Schwimmen - eine Atemtechnik, die uns sicher ans nächste Ufer bringt. Wie sähe wohl eine geistliche Atemtechnik aus, die uns genug Luft holen lässt für das, was kommt? Hier ein paar erste Ideen:

  1. Ich konzentriere mich für ein paar Sekunden nur auf's Ein- und Ausatmen: Kein Atemzug ist selbstverständlich.
  2. Regelmäßig und mein Leben lang atme ich ein und aus, egal ob ich gerade faulenze oder etwas Nützliches getan habe: Für mich ein Zeichen von Gottes Fürsorge- unabhängig von Leistung und Können.
  3. Mal peitscht der Wind am Meer mir hart ins Gesicht, mal liegt draußen ein köstlicher Essensgeruch in der Luft. Auch der Geruch beim Betreten einer alten Kirche ist unvergleichlich: Sogar im Unbekannten, Unerwarteten und Ungewohnten kann ich Luft holen. Vielleicht entdecke ich etwas Neues, das mir Mut macht.
  4. Ich versuche mir vorzustellen: Noch vor meinem ersten Atemzug und auch nach meinem letzten bin und bleibe ich ein einzigartiger Gedanke Gottes. Ich lebe und bin dankbar dafür.

 

Ich wünsche Ihnen für die kommenden Monate genügend Momente zum Luftholen und dass sich hier und da Fragen beantworten, um erleichtert durch zu atmen.

Ihr / euer Pfarrer Jonathan Stoll


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