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Zur Geschichte der Kirche

GAG

Seit 1920 trägt das evangelische Gotteshaus gleich am Ortseingang von Bürgel den Namen "Gustav-Adolf-Kirche". Im Jahre 1903 erbaut, prägt es mit seinem spitzen Turm und dem Sandsteinportal das Ortsbild. Im seit jeher katholisch geprägten Ort fanden die evangelischen Christen erst im Jahre 1913 zur Selbstständigkeit. So gab es im Jahre 1829 nur ca. 38 evangelische Bürger in Bürgel. 

Der Beginn

Zunächst seelsorgerisch von Offenbach mitversorgt, gehörten die evangelischen Bürgeler lange Zeit zur "Filialgemeinde Bieber". Zwischen 1870 und 1898 war Theodor Walther als Pfarrverwalter für die Gemeinden Bieber und Bürgel zuständig. Der Gottesdienst fand in der 1869 eingeweihten Kapelle in Bieber statt. Am 12. November 1871 fand die erste Kirchenvorstandswahl in Bürgel statt. 1879 wurde "Der Evangelische Verein" im Ort gegründet mit dem Ziel, Grundeigentum für den Bau eines Bet- und Kinderhauses zu erwerben. 

Das Bet- und Kinderhaus

Im Jahr 1884 konnte die Grundsteinlegung für das Bet- und Kinderhaus feierlich begangen werden, das noch am 31. August des selben Jahres mit dem ersten Evangelischen Gottesdienst in Bürgel eingeweiht werden konnte. Am Tag darauf wurde ein evangelischer Kindergarten für etwa 65 Kinder eröffnet. Der Gottesdienst fand zunächst nur alle vierzehn Tage statt und wurde abwechselnd von den Pfarrern Eck aus Rumpenheim und Lehn aus Offenbach abgehalten. Im Jahre 1884 wurde der erste Evangelische Männerchor ins Leben gerufen. 1899 wurde die so genannte "Landpfarrei Offenbach" mit den drei gleichberechtigten Gemeinden Bieber, Bürgel und Mühlheim gegründet, die von Pfarrer Heinrich Hanack betreut wurde.  

Die neue Kirche

Nachdem 1902 schon das Pfarrhaus in der von-Behring-Straße 95 errichtet werden konnte, legte man am 25. Mai des Jahres den Grundstein zur neuen Evangelischen Pfarrkirche. Der Bau wurde nach Plänen des Herborner Architekten Ludwig Hofmann im neugotischen Stil errichtet. Die Kosten beliefen sich auf etwa 100.000 Reichsmark. Schon am 4. Oktober 1903 wurde die neue Kirche samt Orgel und vier Glocken feierlich eingeweiht.

Mit der Auflösung der Landpfarrei Offenbach im Jahre 1913 wurde Bürgel zur eigenständigen Pfarrei. Im Jahr 1920 kam es zur Gründung der "Vereinten evangelisch-protestantischen Kirchengemeinde Offenbach", zu der auch Bürgel gehörte. Im gleichen Jahr erhielt die Gemeinde ihren neuen Namen "Evangelische Gustav-Adolf-Gemeinde". Zwischen 1924 und 1926 wurde das bisherige Bet- und Kinderhaus umgebaut und zu einem Gemeindehaus erweitert. Zum 25-jährigen Bestehen der Kirche wurde diese im Jahre 1928 umfassend renoviert und erhielt erstmals eine elektrische Beleuchtung.  

Die Zerstörung

Am 18. März 1944 wurden Kirche und Gemeindehaus bei einem Bombenangriff fast völlig zerstört. Die Gottesdienste mussten in der folgenden Zeit entweder in der katholischen Kirche, im Gasthaus zum Anker oder zuletzt in der Turnhalle der Volksschule stattfinden. 

Der Wiederaufbau

Dank der tatkräftigen Hilfe und finanziellen Unterstützung durch die Gemeindemitglieder war es bereits im Dezember 1949 möglich, den nach Plänen von Architekt Reichard wieder erstellten Kirchenbau einzuweihen. In den Jahren 1949 bis 1953 entstanden, zum Teil in Eigenhilfe errichtet, das Christophorus- und das Mädchenheim. 1955 erhielt die Kirche eine neue Orgel mit 14 Registern. Im Juli des folgenden Jahres konnte das neue Gemeindehaus mit Kindergarten, Gemeindesaal, Kegelbahn und Werkdienstwohnungen eröffnet werden. Am 7. Juli 1957 wurden nach einem festlichen Umzug die vier neuen Glocken eingeholt und in den Kirchturm überführt. Die Wiederaufbauarbeiten der Kirche endeten im Jahre 1963 mit dem Aufsetzen eines neuen Turmhelms.

 

Quelle: kopiert aus der "alten" Homepage des Dekanats Offenbach am 13. 4. 2019 UK    

Warum heißen wir eigentlich „Gustav-Adolf-Gemeinde“?

GAGSchwedenkönig Gustav-Adolf

Vom Schwedenkönig zum Namenspatron unserer Kirche oder: Warum heißen wir eigentlich „Gustav-Adolf-Gemeinde“?

Haben Sie es gelesen? Just zur Namensgebung der Fusionsgemeinden in der Innenstadt (zuvor Luther-, Paul Gerhardt-, Schloss- und Lauterborngemeinde) als „Miriamgemeinde“ konnten wir in der Offenbach Post lesen, dass dieser Name in seiner Ausgefallenheit nur noch von der „Gustav-Adolf-Gemeinde“ getoppt werde, die sich nach einem Kriegsherrn des Dreißigjährigen Kriegs nennt. Zack! – Das hat gesessen!

Dennoch, die Frage bleibt berechtigt: Wie kommen wir dazu, nicht z.B. nach einem Evangelisten wie vier unserer Offenbacher Schwestergemeinden zu heißen oder möglichst gleich nach unserem Herrn, nämlich „Christusgemeinde“, sondern nach einem schwedischen König, der in der Wahl seiner Mittel nicht eben zimperlich war?

Gustav II. Adolf von Schweden

(1594 – 1632) stammte aus der Herrscherfamilie der Wasa. Durch sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg verhinderte er den Sieg der kaiserlichen und somit katholischen Habsburger und sicherte damit die Existenz des Protestantismus. Damit und mit seinem Tod in der Schlacht zu Lützen avancierte er in der öffentlichen Meinung zum Märtyrer des Glaubens. Nach der damaligen Auffassung war es sein Amt, das Recht mit Waffengewalt durchzusetzen. Auch wenn wir heute auf friedliche Mittel setzen würden, ist es nicht unser Recht, dem protestantischen König den Glauben abzusprechen. Den Kriegsherrn und den Verteidiger des Glaubens zusammen zu sehen, ist keine eben einfache Aufgabe.

Wie aber unsere Gemeinde zu seinem Namen kam, hat viel mehr mit dem 200. Gedenktag seines Todes zu tun. Damals versammelten sich Protestanten in Leipzig und gründeten das Gustav-Adolf-Werk, das sich zur Aufgabe setzte, evangelischen Minderheiten in der Welt zu helfen. Man entschied sich, die Festkollekte nicht für ein Standbild des schwedischen Königs, sondern für notleidende Protestanten in vorwiegend katholischer Umgebung auszugeben. Das Gustav-Adolf- Werk spielt seither weit über die deutschen Grenzen hinaus eine bedeutende Rolle. Bis zum ersten Weltkrieg hatten mehr als 6500 Kirchen in aller Welt Unterstützung erhalten. Womit wir bei unserer Gemeinde angelangt wären.

Wie Bieber, Mühlheim und Dietesheim war auch Bürgel im 19. Jahrhundert überwiegend katholisch. Langsam und mit Zuzug auswärtiger Industriearbeiter begann sich das zu ändern. Betrug der Anteil der Evangelischen in Bürgel 1829 gerade mal 4 Prozent, so waren im Jahr 1896 bereits 30 Prozent der Bürgeler Protestanten. Und die brauchten eine eigene Kirche. Als diese 1903 eingeweiht wurde, hatte auch das Gustav-Adolf-Werk eine beträchtliche Spende beigetragen. Erst im Jahr 1920 bekam dann die Gemeinde zu Ehren des Vereins den Namen „Ev.Gustav-Adolf-Gemeinde“.

Wie schön, dass wir vor über hundert Jahren von der Solidarität anderer evangelischer Christen profitieren konnten. Es tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist. Heute, wo unsere Diasporasituation gegenüber den Katholiken eine ferne Erinnerung der Alten ist, können wir anderen Protestanten in aller Welt beistehen.

Arnd Brummer, der Chefredakteur des Magazins „Chrismon“ schreibt: „Einer meiner Lieblingssongs ist „You’ll never walk alone“. Einander zu begleiten ist für Chris- ten die universale Aufgabe. Kirche ist überall, wo Christen sind, egal unter welcher weltlichen Herrschaft, auf welchem Kontinent.“

Der Weg vom Schwedenkönig Gustav II. Adolf bis zum Gustav-Adolf-Werk und weiter zu all den Gemeinden, die sich aus Dankbarkeit danach nennen: das ist eine Entwicklung von Schwertern zu Pflugscharen oder wie Altbischof Huber es sagte: „ein Wunder Gottes vor unseren Augen“.

A. B.-C.

Den Text als PDF finden Sie hier zum Download. 

 [ 03.01.14 ]

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